Geldmarkt und Obligationen
Geld- und Kapitalmärkte im Überblick
Obligationen als sicherer Hafen
Festverzinsliche Anlagen wurden im vergangenen Quartal stark nachgefragt. Die Preise sind demzufolge deutlich angestiegen. Die Hauptgründe liegen in der vorherrschenden Unsicherheit bezogen auf das globale politische und wirtschaftliche Umfeld. Der Handelsstreit zwischen China und den USA, die politischen Querelen in Europa sowie zunehmend rückläufige Konjunkturindikatoren haben die Risikoaversion der Anleger steigen lassen. Risikoreiche Anlagen wie Aktien wurden vermehrt verkauft und im Gegenzug in sichere Obligationen investiert. Spiegelbildlich haben die höheren Anleihenspreise für sinkende Renditen gesorgt. Angesichts der zunehmend restriktiven Haltung der Notenbanken sowie der höheren Inflationsraten stellen die rückläufigen Zinsen eine eher unerwartete Entwicklung dar. Die zunehmende Vorsicht der Anleger äussert sich ausserdem in den gestiegenen Kreditrisikoprämien. Waren es im Herbst einzelne Staaten mit spezifischen Problemen wie Italien, die Türkei oder Argentinien, spüren nun auch Schuldner mit hohen Verbindlichkeiten und einer schwachen Bilanz zunehmend die Skepsis der Anleger. Unter anderem sind die dämpfenden Konjunkturaussichten für diese Entwicklung verantwortlich. Wenn die Gewinne tiefer ausfallen und sich gleichzeitig die Finanzierungsbedingungen verschlechtern, erhöht sich der Schuldendienst der Unternehmen. Deshalb verlangen die Marktteilnehmer eine höhere Risikoentschädigung für die Bereitschaft, in Schuldner mit tieferer Bonitätseinstufung zu investieren.
Geldpolitische Normalisierung lässt auf sich warten
Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die amerikanische Notenbank zukünftig den Leitzins nicht mehr auf einem vordefinierten Pfad wie in der Vergangenheit erhöhen wird. Davon zeugt unter anderem der begleitende Kommentar anlässlich der jüngsten Zinserhöhung im Dezember. Vielmehr wird das Fed seinen Zinsentscheid wieder stärker auf die jeweilige Wirtschaftslage abstimmen und weniger im Autopilot graduell erhöhen. Ein weiteres Indiz für diese Einschätzung ist eine frühere Aussage von US-Notenbank-Chef Jerome Powell, dass der aktuelle Leitzins nur noch knapp unter dem vom Fed geschätzten neutralen Zinssatz liegt. Als solcher wird das Niveau bezeichnet, bei welchem die Wirtschaft weder stimuliert noch gebremst wird. Allerdings kann dieser Wert nicht mit wissenschaftlicher Exaktheit benannt werden, weshalb es sich lediglich um eine Mutmassung handelt. Erschwerend kommt dazu, dass die Wirkung geldpolitischer Massnahmen in der Realwirtschaft jeweils zeitlich verzögert ankommt. Momentan wird von einem Niveau von 3% ausgegangen. Zur Erreichung wären damit noch zwei weitere Schritte nötig. Für Marktteilnehmer wird es damit grundsätzlich schwieriger werden, die zukünftige Geldpolitik einschätzen zu können. Angesichts einer sich abzeichnenden Abkühlung der Wirtschaft ist die Haltung der US-Notenbank jedoch nachvollziehbar. Insbesondere zinssensitive Komponenten wie der Häusermarkt sowie Unternehmensinvestitionen neigen bereits zu Schwäche. Allerdings zeichnet sich nicht eine deutliche Wachstumsverlangsamung der Wirtschaft ab. Zudem ist an der Inflationsfront trotz zunehmendem Arbeitskräftemangel kein deutlicher Aufwärtsdruck spürbar. In erster Linie sind es nach wie vor die volatilen Energiepreise, welche die Preisentwicklung von Gütern und Dienstleistungen hauptsächlich bestimmen.
Die Europäische Zentralbank EZB hat erwartungsgemäss an ihrem letzten Meeting in diesem Jahr den Leitzins unverändert belassen. Definitiv eingestellt wird auf Ende des Jahres das Wertpapierkaufprogramm. Allerdings werden auslaufende Papiere weiterhin reinvestiert. Zu einer Verkleinerung der Bilanz, ähnlich wie in den USA, wird es deshalb erst zu einem viel späteren Zeitpunkt kommen. Der erste Zinsschritt wird, wie bereits früher angetönt, nicht vor dem Sommer 2019 erfolgen. Und das auch nur dann, wenn sich die wirtschaftlichen Aussichten bis dahin nicht weiter eintrüben. Angesichts der aktuellen Abkühlungstendenzen sowie der vorherrschenden politischen Unsicherheiten ist dies keine Selbstverständlichkeit. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in der Euro-Zone zukünftig japanische Verhältnisse vorherrschen könnten. Japan lebt seit Jahrzehnten mit einem rekordtiefen Zinsniveau auf Basis eines stetig deflationären Umfelds. Der Notenbank ist es aufgrund der fehlenden Teuerungsentwicklung nicht mehr möglich gewesen, die Zinsen nachhaltig anzuheben. Die Schweizerische Nationalbank sitzt zusammen mit der EZB weiterhin im gleichen Boot. Sie wird die Zinsen mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht vor den europäischen Währungshütern erhöhen. Dafür sprechen auch die nach unten angepassten Inflationsprognosen sowie die schwächeren Wachstumsaussichten für das nächste Jahr.
An den Anleihensmärkten hat eine bestimmte Konstellation für Nervosität unter den Anlegern gesorgt. Zum ersten Mal seit 2007 sind die Renditen für fünfjährige US-Staatsanleihen unter das Niveau von zweijährigen Papieren gefallen. In diesem Fall spricht man von einer inversen Zinskurve. Normalerweise will der Anleger eine Entschädigung, wenn er auf sofortigen Konsum verzichtet und stattdessen die Gelder längerfristig bindet. Deshalb weist eine Zinskurve grundsätzlich eine gewisse Steilheit auf. In der Vergangenheit war das Phänomen einer fallenden Zinskurve stets ein zuverlässiger Indikator für eine kommende Rezession. Allerdings beschränkt sich die Inversion momentan nur auf den Teil der Zinskurve zwischen ein und fünf Jahren. Nachfolgende Laufzeiten weisen wieder eine steigende Entwicklung der Renditen auf. Zudem gilt es zu beachten, dass nicht jede Inversion der Zinskurve automatisch zu einer Rezession führen muss. Zudem wirken nach wie vor geldpolitische Einflüsse nach, welche die Zinskurve bis heute prägen. Aus den genannten Gründen würden wir das aktuelle Rezessionssignal von der amerikanischen Zinsfront nicht überinterpretieren. Bleibt zu hoffen, dass dies auch genügend Anleger so sehen. Andernfalls droht die Gefahr, dass die Signalwirkung der aktuellen Inversion zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.
Bescheidener Aufwärtsdruck
Beängstigend ist die Tatsache, dass die Notenbanken kaum mehr über Munition verfügen, um all den politischen und wirtschaftlichen Unsicherheitsfaktoren entgegenzuwirken. Mit Ausnahme der USA befinden sich in den meisten westlichen Ländern die Leitzinsen nach wie vor auf einem rekordtiefen Krisenniveau. Zudem sind die Bilanzen der Notenbanken durch die im Rahmen quantitativer Lockerungsmassnahmen getätigten Wertpapierkäufe stark aufgebläht. Mit Ausnahme der USA hat bisher kaum ein Abbau der erworbenen Papiere stattgefunden. Dieser Umstand ist mit ein Grund, dass die Zinshüter weltweit versuchen, die Geldpolitik zu normalisieren. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob das Umfeld eine solche Haltung zulässt, insbesondere ohne negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft und die Finanzmärkte. Die Inflationsdaten befinden sich nach wie vor auf einem tiefen Niveau und bedürfen keines geldpolitischen Gegendrucks. Und die globale Wirtschaft ist im Begriff, sich bereits wieder abzukühlen. Einzig der robuste Arbeitsmarkt und damit der Privatkonsum signalisieren Stärke und müssten sich eigentlich in höheren Preisen und Löhnen niederschlagen.
Wir gehen davon aus, dass trotz allem Gegenwind die Globalkonjunktur weiterhin auf Wachstumskurs bleibt. Die Dynamik hat zwar abgenommen, aber die Gefahr einer Rezession schätzen wir nach wie vor als gering ein. Dies stellt eine gute Basis für eine Beruhigung an den Finanzmärkten dar. Insbesondere eine Entspannung an einem der politischen Brandherde könnte die Risikofreude der Anleger zurückbringen. Sichere Anleihen wären dann weniger gefragt und würden sich im Preis tendenziell verbilligen. Allerdings rechnen wir aufgrund der zuvor genannten Umstände selbst in einem solchen Szenario nur mit einem geringen Anstieg der Zinsen. Entsprechend würde ein allfälliger Kursrückgang bei den Obligationen moderat ausfallen. Unternehmensanleihen würden zudem von einem Rückgang der Kreditrisikoprämien profitieren und einen allfälligen Zinsanstieg sogar überkompensieren.